PlateRunner taufte ich mein Projekt zur Entwicklung eines Druckplatten-Messgerätes als Bestandteil meiner Diplomarbeit. PlateRunner verdankte seinen Namen dem Geräusch, das er bei einer Messung erzeugte; es klang wie RoadRunner meep meep … meep. Den unguten und nervtötenden Ton konnte ich am Abend vor der Diplomverteidigung noch beseitigen, indem ich die Motorgeschwindigkeit um einen Zähler senkte auf 254, plötzlich Schnurrte der PlateRunner vor sich hin und wurde seinem Namen kaum mehr gerecht. 18 Sekunden für 21cm Messfelder ist nicht gerade Lichtgeschwindigkeit. Mit dem Prototyp im Gepäck konnte ich bei meinem Professor dennoch punkten und meine Diplomarbeit zum Thema Qualitätssicherung bei Computer to Plate erfolgreich verteidigen. Im Jahre 2008 gewann ich damit außerdem den Druck- und Medien-Award Student des Jahres in der Kategorie Menschen.
Hier soll das Projekt kurz vorgestellt werden.
PlateRunner dient der Qualitätssicherung im Druckprozess und kann die Flächendeckung auf einer Offset-Druckplatte überwachen. Eine Usb-Mikroskopkamera fährt auf einem Schlitten über die Messfelder eines Plattenkeils und fotografiert diese ab. Die Fotos werden analysiert und mit einem Referenz-Messwert verglichen. Ist die Abweichung zu hoch wird eine Warnung angezeigt. Das Gerät startet des Messvorgang automatisch, sobald eine Platte erkannt wird. Nach eingen Sekunden liegt das Messergebnis vor. Pro Messfeld werden 10 Messungen durchgeführt und deren Standardabweichung bestimmt. Ist der Messfehler zu groß wird die Messung abgebrochen. Das ist unter anderem der Fall bei schlechtem Focus, Erschütterungen oder zufälligem Lichteinfall. Das Messgerät wird mit zwei Usb-Kabeln mit dem Computer verbunden. Ein Usb-Port wird von der Kamera benötigt, der andere von der Schrittmotor-Steuerung für den Schlitten. Die Steuerungssoftware für den Motor ist von Thoomas in C++ geschrieben. Alle restliche Software ist in Java geschrieben und verwendet das Java Media Framework, für letzteres würde ich mich heute sicher nicht mehr entscheiden. Jedoch kam Raspberry Pi leider erst Jahre später auf den Markt – und wäre heute wohl erste Wahl für derartige Projekte.
Das Geld war knapp, so reichte es noch für ein günstiges Usb-Mikroskop mit maximal 200er facher Vergrößerung und manuellem Fokus. Die Vergrößerung war mehr als ausreichend, das Problem sollte der Fokus sein. Schon geringste Abweichungen machen das Bild unscharf. Abhilfe schuf ich mit einem Kamera-Wagen, der auf der Druckplatte rollt. Der Wagen wird mit Gummibändern auf das Messgut gedrückt und besteht aus Legotechnik. Der Schlitten ist einem alten Drucker entliehen, versehen mit einem neuen Schrittmotor. Drei Leds zeigen den Status von Motor und Messung – grün fehlt im Bild.
Während der Entwicklung arbeitete und forschte ich als Diplomand in einer Druckerei, die eine Preheat-Druckplatte verwendete – ein Verfahren das für Produktionsschwankungen sehr anfällig ist. Ich belichtete und entwickelte hunderte Platten mit meinem selbst entworfenen Messkeil und hatte so immer gute Testplatten aus unterschiedlichen Zyklen der Produktion. Ein kleiner Erfolg war. als PlateRunner mir eine starke Abweichung meldete und dann tatsächlich kurz später ein kompletter Entwicklertausch nötig war. Danach habe ich eine History einprogrammiert.
Im Analyze Fenster kann man Messwerte und die dazugehörigen Mikroskopbilder betrachten. Der Tonwertzuwachs gegenüber dem Nominalwert pro Messfeld wird als Graph angezeigt. Später habe ich noch mehr Messfelder in den lichten und dunklen Tönen hinzugefügt, da hier Probleme früh erkennbar werden.
Im Automodus startet PlateRunner automatisch Messungen. Bei obigem Bild war wohl der Weissabgleich gestört, was sich aber nicht unbedingt auf das Messergebnis auswirken muss. Im Gegensatz zur automatischen Belichtungsanpassung, die ich nur durch einige Tricks deaktivieren konnte – nämlich dadurch, einen „falschen“ Treiber für die Kamera zu nutzen – Windows meldete einen Fehler – JMF nutze die Kamera dennoch ohne Probleme, und zwar so wie gewünscht ohne automatischer Belichtungseinstellung. Mit aktivierter Automatik misst man bei jedem Feld quasi das Gleiche: die Automatik stellt immer auf 50-50.
Ein Prüfgerät soll prüfen, und keine Lotterie darstellen. Daher ist der Ansatz einer automatisierten Messung hilfreich, da der Messvorgang stets gleich abläuft und allenfalls immer die gleichen, reproduzierbaren Messfehler auftreten, was einer Fehleranalyse entgegen kommt. Ein Prüfgerät wird als solches bezeichnet, wenn es kontinuierlich für das selbe Messereignis annähernd gleiche Werte liefert – Schwankungen gibt es immer.
Wie man sieht konnte sich der PlateRunner gut schlagen und übertraf hier ein teures Messgerät.
Diese Druckplatte ging gerade noch so durch. Die Messkurve liegt innerhalb der Warngrenzen, jedoch außerhalb des Stopkriteriums.
„Leider ist Finanzkrise“ sagte mir einer der anwesenden Chefs, deshalb könne er mich nicht engagieren. Da bin ich halt wieder heim getrampt, immerhin mit güldener Stahltrophäe im Gepäck.